Gossen Tippa, Bj. 1954

Seriennummer: 112605
Baujahr: 1954
Modell: 2B
Bauzeit: 1948 bis 1956
Herkunft: P. Gossen & Co. GmbH, Deutschland
Schriftart: Pica
Farbband: 13 mm, einfarbig auf DIN Spulen
Zubehör: Tragekoffer aus Holz, Original Radierschablone und Radiergummi
Besonderheit: Anschlagregler, normale DIN Spulen (nicht wie die kleinen der Hermes Baby)

Kurzgefasste Geschichte der „Gossen Tippa
„Mighty mouse of portable typewriters“

Das Geburtsjahr der Gossen Tippa war 1948. Eine Schreibmaschine also die kurz nach dem Krieg in Westdeutschland neu auf dem Markt kam. Schnell avancierte die flache und „leichte“ Tippa bei Handelsvertretern, Journalisten und sonstigen Reisenden zu einer der beliebtesten Reiseschreibmaschine ihrer Zeit. Die Werbung sprach sogar vom „Büro in der Aktentasche„.
Man könnte also sagen das eine Gossen Tippa mit ihren knapp 60 mm hohem Gehäuse die Urahnin des Laptops ist, bzw. die Urmutter des Homeoffice darstellt.

Bist zuletzt wurde die Gossen Tippa in drei verschiedenen Varianten angeboten. Im Jahr 1956 und nach etwa 100.000 gefertigten Exemplaren übernahm die Firma Adler die Lizenzrechte an der Gossen Tippa. Nach der Fusion von Adler und Triumph gab es sogar gleichzeitig eine Adler und eine Triumph Tippa. Ein Erfolgsmodell durch und durch, die „mighty mouse of portable typewriters“ bis Ende der 1970er Jahre.

Gossen Tippa suchen und finden

Ich persönlich hatte lange nach genau so einer Gossen Tippa und in dieser Ausführung gesucht.
Warum?
Weil ich bestimmte Vorstellungen darüber habe wie mein Exemplar ausgestattet sein soll.

– Sie soll rot sein und keinen Kräusellack haben.
-Sie soll die Variante mit dem längerem Zeilenschalthebel sein, also mindestens ein Modell 2B und kein Modell 1.

– Und ich möchte die Version mit dem hübschen Holzkoffer haben. Die Aktentasche finde ich nicht so schön.

Ein akzeptables Exemplar einer Gossen Tippa zu finden ist für sich genommen schon nicht ganz so einfach wie zum Beispiel eine portable von Triumph, Torpedo oder Olympia zu bekommen. Hinzu kommt das die Gossen Tippa in den letzten Jahren richtig teuer geworden ist. Ob das nun gerechtfertigt ist oder nicht sei dahin gestellt. Manche Anbieter scheinen sich einen Sport daraus machen zu wollen sich gegenseitig den Rang streitig zu machen den Höchstpreis auszuloben. Die meisten Exemplare mit hohen Preisvorstellungen bleiben meinen Beobachtungen zufolge aber unverkauft. Hinzu kommt das viele Exemplare der Gossen Tippa nicht mehr so schön erhalten sind.
Dennoch, manchmal hat man das Glück ein Exemplar zu ergattern das wirklich prächtig erhalten ist. So wie diese hübsche rote.

Meine Suche belief sich, weil ich ja gewisse Wünsche an meine „Zukünftige“ hatte, auf etwa zwei Jahre. Meine Geduld wurde belohnt. Sogar damit das ich sie nach Feierabend zu einem erschwinglichem Preis direkt abholen und mir die Portokosten ersparen konnte. Zu meinen Wünschen darüber wie die Gossen Tippa für mich zu sein hat kamen einige hübsche Detail hinzu.
• Der dekorative Lederorden am Band in dem der Kofferschlüssel versenkt wird
• Das Original Radiergummi mit Tippa Aufdruck (Brauche ich nicht ist aber hübsch)
• Die Original Radierschablone mit Tippa Aufdruck (Ebenso hübsch, aber brauche ich aber auch nicht)
• Ein kleines Konvolut an Kohlepapier
• Ein Konvolut an TippEx (Habe ich gleich entsorgt – Dazu später mehr)

Die Gossen Tippa war wie bereits erwähnt eine Reiseschreibmaschine die gerne von Vielreisenden benutzt wurde. Dementsprechend wurden viele Exemplare auch sehr häufig benutzt und wohl auch ebenso hart ran genommen. Zumindest legt der Zustand so mancher Gossen Tippe diese Vermutung nahe. Ich habe viele Exemplare gesehen die, wie man so schön sagt, abgerockt waren. Mechanisch nicht so sehr, dafür optisch um so mehr. Dazu kommt dann die lange Lagerzeit an Orten die einer Schreibmaschine nicht gerade zuträglich sind. Manche Exemplare waren so schlecht das ich sie liegen lassen musste. Und das will schon etwas heißen denn meine wahre Passion ist es Schreibmaschinen möglichst zu retten.

Der Zustand meine kleinen roten ist mechanisch exzellent und optisch recht gut. Kleine Lackschäden lassen sich meist nicht vermeiden wenn ein Gebrauchsgegenstand seinen siebzigsten Geburtstag entgegen sieht. Ich finde das sogar Charmant.
Was jedoch wirklich grauselig war, und jetzt komme ich zu den entsorgten TippEx Päckchen. Überall in der Maschine waren weiße Sprenkel zu sehen. Der Verkäufers sagte mir das sein Vater die Gossen Tippa bis in die 1980er Jahre hinein noch manchmal benutzt hatte, er sehr gerne damit schreib und auch dieses TippEx benutzte. Freudestrahlen sagte er mir das noch viele Blättchen TippEx im Koffer verstaut wären und man dieses Wundermittel ja heute gar nicht mehr kaufen könne. Ich hatte freundlich zugehört und es schweigend aber übles ahnend hingenommen.

Erstes Foto im Fundzustand nachdem ich das erste mal den Koffer geöffnet hatte.

Dieses uralte TippEx hatte sich sogar in den noch ungeöffneten Originalverpackungen verhärtet und sich darin in kleine weiße Brösel verwandet. Die geöffneten Packungen waren nicht weniger unangenehm. Ich musste das Zeug zuhause mit spitzen Fingern greifen und vorsichtig im Hausmüll entsorgen wo es in einer kleinen Nebelwolke verhüllt auf dem Boden aufschlug. Überall in der Gossen fand ich Rückstände vom TippEx. Nicht schön, aber so wurde nun mal damals Textkorrektur ohne eine Delete-Taste praktiziert.

Hier ein paar Fotos vom Fundzustand. TippEx Brösel wohin man sieht.
Nun, Du musst entweder Geduld mitbringen um eine tadellose Gossen Tippa zu finden oder Du traust Dir zu sie selbst zu öffnen, sie zu reinigen und aufzupolieren.

Schreiben mit der Gossen Tippa

Hierzu kann ich nur so viel sagen oder schreiben; TADELLOS – Oberliega!
Ich hatte die Flachschreibmaschine Kolibri getestet und sie für mich als zu klein zum schreiben erachtet. Die Olympia Splendid ist auch recht gut aber optisch für mich zu bieder. Die Mintfarbene Hermes Baby war seit Jahren meine unangefochtene Nr. 1 der Kleinschreib- und Reisemaschinen und meine Begleiterin für unterwegs gewesen. Die Baugleiche Montana hat ihr später den Rang abgelaufen, einfach nur weil ich sie farblich attraktiver fand.

Doch nun, nachdem die Gosen Tippa wieder schreibt, kommt mein Weltbild der Klein- und Flachschreibmaschinen etwas ins wanken. Die Gossen Tippa hat das Zeug dazu der Hermes Baby ebenbürtig zu sein. Ich würde sagen eine „Kleine aber mächtige Flachschreibmaschine, eine „Mighty Mouse“ ist das.

Mechanisch hat die Gossen geringe Vorteile durch ihren Anschlagregler den man bei der Hermes Baby vergeblich sucht. Die Hermes hat zwar geringe Vorteile weil sie auf praktisch getrimmt ist und somit nur einen leichten Kofferdeckel aus Alu mitbringt, also insgesamt etwas leichter ist. Es gibt die Gossen Tippa aber auch mit eben so einen Koffer. Ich wollte ja wie gesagt diesen hübschen Holzkoffer haben. Ich kann die Gossen Tippa nur nach meinen persönlichen und optischen Gesichtspunkten bewerten, denn schreiben kann die Tippa wie eine Elfe. Ebenso gut wie die Hermes Baby oder die Montana. Da könnte ich mich nicht entscheiden welche besser ist. Die Gossen steht zusammen mit der Montana an vorderster Stelle, weil sie in Rot einfach bestechend schön ist. Eine graue Gossen Tippa hätte ich nicht haben wollen. Aber das ist Geschmackssache und egal welche Farbe die Gossen Tippa mitbringt, als Schreibmaschine ist sie in jeder Version Tip Top.

Wert der Gossen Tippa

Die Gossen Tippa ist mittlerweile ein Sammlerobjekt geworden. Allerdings nur die Original Original Gossen Tippa, nicht die Tippa’s von Adler oder Triumph. Dieser Umstand macht sie, genau wie eine Hermes Baby zu einer immer teureren Flachschreibmaschine. Viele Preise die jenseits der 100 Euro liegen sind meines Erachtens für ein ungereinigtes oder nicht restauriertes Exemplar weit überzogen. Ich persönlich würde davon Abstand nehmen. Dennoch hat die Original Gossen Tippa bereits Ihre LiebhaberInnen gefunden, während die Tippa’s von Adler und Triumph noch für kleine Eurobeträge zu bekommen sind.

Fazit

Design:
Frühes fifty Design – Sehr schön und wertig aus Metall.
Schriftart:
Pica AR 1
Verarbeitung:
Metallgehäuse und Metallmechanik. Sehr gut, robust und für die Ewigkeit gebaut
Schreibkomfort:
Leichter Anschlag, weicher Wagenlauf, perfekt zum schreiben
Sammelwürdig:
Ja, auf jeden Fall
Empfehlenswert zum schreiben:
Ja unbedingt. Eine Flachschreibmaschine mit der man noch lange seine Freude haben wird.


© 2020 – 2023
Text & Fotos by Heiko Stolten – Schreibstube Krempe

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